Syrakus: Die gewichtige Heilige

Träger der Santa-Lucia-Statue. - Foto: Thomas Steinberg

Syrakus, an der Ostküste von Sizilien gelegen, in der Antike so mächtig wie Athen, ist seit Jahrhunderten ohne die Ortsheilige Santa Lucia undenkbar. Zwei Mal im Jahr tragen 96 Männer eine Santa-Lucia-Statue durch Ortigia, die auf einer Halbinsel liegende barocke Altstadt.

Syrakus,

Die barretti verdi tragen die Santa-Lucia-Statue. - Foto: Thomas Steinberg

Ausgewählt werden die barretti verdi, die „Grünen Barette“ per Los. Wer dabei sein will, sollte fit sein und stark im Glauben – die Statue und ihr Unterbau wiegen etwa fünf Tonnen. Das heißt, auf der Schulter eines jeden Träges lasten etwa 50 Kilogramm. Koordiniert werden sie von einem Mann mit einem silbernen Glöckchen – er erteilt die Kommandos zum Aufnehmen, Absetzen, Loslaufen.

Die Santa-Lucia-Statue wird durh Ortigia getragen - Foto: Thomas Steinberg

Getragen wird die silberne Statue durch die teils sehr engen Gassen von Ortigia. Geschaffen sie Pietro Rizzo im Jahr 1599 in Palermo. Sie steht auf einem Holzschrein und hält in einer Hand einen Teller mit zwei Augäpfeln – die 304 hingerichtete Heilige gilt als Schutzpatronin der Blinden. Einer Legende nach sollen Lucia bei der Folter zuvor die Augen ausgestochen worden sein.

Messdiener bei der Santa-Lucia-Prozession. - Foto: Thomas Steinberg

Lucia wird in Syrakus als Ortsheilige verehrt. Während die Prozession im Dezember mit dem Namenstag Lucias verknüpft ist, erinnert die im Mai, während diese Fotos entstanden, an ein Wunder: An die Heilige gerichteten Gebete sollen für ein Ende der Hungernot in Syrakus gesorgt haben.

Ein Junge während der Prozession. - Foto: Thomas Steinberg

Während der Prozession ruft der Junge immer wieder auf Sizilianisch die alte Formel „Sarausana jè“ („Syrakus ist“), was von den barretti verdi mit „Viva Santa Lucia, viva Santa Lucia“ erwidert wird.

Feuerwehrmann in historischer Uniform - Foto: Thomas Steinberg

Traditionell ziehen bei der Prozession viele Feuerwehrleute mit, einige in Uniformen nach historischem Vorbild.

Musiker mit Klarinette - Foto: Thomas Steinberg

Ebenso unverzichtbar bei der Prozession ist die Blaskapelle. Sie intoniert keineswegs religiöse Lieder, sondern vor allem österreichische Märsche und Walzer. Die Gründe für die Musikwahl sind historische und in der sehr wechselvollen Geschichte Siziliens zu suchen.

Junger Mann mit Kreuz. - Foto: Thomas Steinberg

Immer wieder heißt es warten, warten, warten. Die barretti verdi kommen mit dem Gewicht von Statue und Schrein nur sehr langsam voran – für einen Kilometer benötigen sie zwei Stunden.

Frauen tragen einen Schrein durch Siracusa - Foto: Thomas Steinberg

Seit einigen Jahren wird bei den Prozessionen auch Frauen eine tragende Rolle zugebilligt. Sie schultern einen Santa-Lucia-Schrein. Statt grüner Mützen tragen sie grüne Halstücher.

Piazza del duomo in Siracusa mit Santa-Lucia-Statue. - Foto: Thomas Steinberg

Am Dom (offiziell Cattedrale Metropolitana della Natività di Maria Santissima) angekommen, wird die Prozession von einer großen Menschenmenge auf der Plaza del duomo empfangen.

Kathedrale von Syrakus - Cattedrale della Natività di Maria Santissima - bei einer Prozession - Foto: Thomas Steinberg

Dort erwartet die barretti verdi eine letzte Hürde – sie müssen neun Stufen bewältigen, um die Statue an ihren angestammten Platz in der Kathedrale von Syrakus zu bringen, ein Moment, der auf vielen Handys festgehalten wird und dem schließlich der ganze Platz applaudiert.

 - Foto: Thomas Steinberg

Danach gibt es noch ein Gruppenselfie.

Mann mit überdimensionaler Kerze. - Foto: Thomas Steinberg

Und auch für die Träger der cìlii (sizilianisch für Kerzen) ist die Arbeit getan.