Der Warnstreik

Ein Arbeiter der Waggonbau Dessau GmbH während des Warnstreiks im April 1993 - Foto: Thomas Steinberg

1993 kam es zur härtesten Tarifauseinandersetzung in der Metallindustrie Ostdeutschlands, nachdem die Arbeitgeber den laufenden Tarifvertrag gekündigt hatten – ein bis dahin einmaliger Vorgang. Die Gewerkschaft befand sich in einer Zwickmühle: Einerseits sah sie sich herausgefordert, etwas für ihre Mitglieder zu unternehmen, andererseits war die öffentliche Meinung angesichts von mehr als einer Millionen Arbeitslosen im Osten gegen sie. Tarifsteigerungen, so das Argument, würden noch mehr Jobs gefährden.

Die Gewerkschaft entschloss sich dennoch zum Arbeitskampf und rief im April 1993 in Dessau zum Warnstreik im Waggonbau auf. Zu DDR-Zeiten ein Betrieb mit tausenden Beschäftigten, war dem Unternehmen mit der D-Mark der Hauptabsatzmarkt seiner Kühlwagen in der Sowjetunion schlagartig weggebrochen. Die Aussichten waren nicht gut, die Branche befand sich in einer Phase der Umstrukturierung und der Waggonbau war zudem nicht Mitglied im Arbeitgeberverband.

Die Waggonbauer zogen trotzdem mit und zu hunderten vom Werk bis in die Innenstadt zu einer Kundgebung. Das Foto entstand kurz vor Beginn der Demo auf der Straße vorm Waggonbau.

Im Laufe der folgenden Jahre sollte der Waggonbau immer wieder heftig durchgeschüttelt werden, kurzen Phasen der Konsolidierung folgte die nächste Krise. Inzwischen gehört der Standort zur schweizerischen Molinari Group und scheint stabilsiert.

Dessau,